Andacht für den Frieden – gegen Faschismus und Ausländerfeindlichkeit
von Alexander Höner und Katharina Schridde
Am Donnerstag, 19.9.2013, sahen wir gegen 10.00 Uhr erschrocken aus den Fenstern unserer Büros in der Christophoruskirche Friedrichshagen: Auf dem gegenüberliegenden Marktplatz, etwa 50 Meter vor unserer Kirche, bauten dunkel gekleidete Menschen NPD-Plakate und Wahlkundgebungen auf, trugen große Fahnen mit NPD-Emblem, beschallten aus hohen Lautsprechern den ganzen Platz und die angrenzenden Straßen mit NPD-Slogans und Gesängen.
Die Gruppe wurde begleitet von mehreren Mannschaftswagen sowie zivilen Einsatzkräften der Polizei. Die Kundgebung war offenbar angemeldet, aber wir als Kirchengemeinde waren nicht informiert worden – und wie wir den Reaktionen der ebenfalls irritierten PassantInnen entnehmen konnten, waren sie es auch nicht.
In unserer Kirche probten zur selben Zeit zwei Schulklassen und ihre LehrerInnen und Lehrer für das „König-David-Musical“ – ein Stück, in dem es um Liebe und Haß, um Bruderkrieg und Gottesfriede, um ein Leben in der Gegenwart Gottes geht. Das gab uns die Idee: Wir feierten sofort gemeinsam mit den Kindern eine Friedensandacht. Und da das bei Andachten und Gottesdiensten üblich ist, luden wir dazu mit lang anhaltendem Glockengeläut ein. Außerdem gingen wir auf die Straße vor der Kirche, informierten die PassantInnen und die PolizistInnen und luden sie ausdrücklich zu uns in die Kirche ein. Einige folgten, beteten und sangen mit uns, andere drückten ihren Dank über unsere spontane Friedensandacht aus.
Nach etwa einer viertel Stunde beendeten wir die Andacht ebenfalls wie üblich mit großem Geläut, das die Lieder und Texte der NPD-Gruppe übertönte.
Die NPD-Gruppe beendete kurz darauf ihre Aktion und verließ den Platz.
Denn es kann nicht sein, dass Kirche und Menschenfeindlichkeit am selben Ort sind.
Alexander Höner und Katharina Schridde