Bericht des Superintendenten vor der Kreissynode

von Superintendent Hans-Georg Furian

März bis September 2013

Lassen Sie mich mit einer Erinnerung beginnen. Luther hat in der 62. seiner 95 Thesen im Jahre 1517 geschrieben, dass der wahre Schatz der Kirche das Evangelium sei. Ich möchte nun nicht auf die historischen und theologischen Gründe für diese Äußerung eingehen, sondern darauf, was sie für die Gestaltung meines Dienstes bedeutet.

Das Evangelium wird nur durch Menschen konkret. Sie können es vorleben und sagen es weiter.

Besonders gilt das für unsere MitarbeiterInnen. Und darum gilt Ihnen auch meine Aufmerksamkeit. Das zeigt sich daran, wofür ich mir Zeit nehme. Zeit ist das kostbarste Gut, das wir mit anderen teilen können. Wofür ich Zeit verwende, das ist mir wichtig.

  1. Darum habe ich mich im Berichtszeitraum auf den Weg gemacht, und zwar auf den Weg zu den Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern, die in den Gemeinden unseres Kirchenkreises tätig sind. Wir dürfen uns freuen über die Vielfalt an Gaben und die Einsatzfreude, mit der sie tätig sind. Ob – wie hier (in Biesdorf) – mit einem Handglockenchor oder andernorts mit Bachkantaten. Diese Spannweite ist beeindruckend, gibt unterschiedlichen Menschen die Möglichkeit mitzumachen, und legt von der Arbeit beredtes Zeugnis ab; auch von dieser Stelle unseren herzlichen Dank an die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in unserem Kirchenkreises.
    Nicht nur aus der Erfahrung in unserem Kirchenkreis legen sich mir zwei Fragen nahe: zunächst, wie gelingt eine engere Verzahnung zwischen der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einerseits und musikalischer Arbeit und ihren Höhepunkten andererseits? Schöpfen wir da die Potenziale aus?
    Die andere Frage bezieht sich auf die Arbeit in den Posaunenchören. Sie wird oft ehrenamtlich geleitet und das nötigt Respekt ab. Ich denke besonders an den Chor in Eggersdorf, der von Herrn Leue geleitet wird, aber auch an andere, wie in Köpenick oder Mahlsdorf. Wie können der Kirchenkreis und die professionelle Kirchenmusik dabei helfen, die Nachwuchsarbeit zu qualifizieren und die Verbindung der Chöre untereinander zu stärken? Gibt es möglicherweise auch hier Querverbindungen zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die durch die Versäulung: hier kirchen-musikalische Arbeit, dort Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nicht gesehen werden? Dazu werde ich zu Gesprächen einladen.

  2. Zeit nehme ich mir für Gespräche. Ich habe mit den sogenannten Orientierungsgesprächen, hier zunächst mit den Pfarrerinnen und Pfarrern, begonnen, denn auch die brauchen jemanden, der ihnen zuhört. In den Gesprächen geht es um die Fragen, was einem wichtig ist und was gelingt, auch wo es anders ist und darum, was man sich für die nächsten beiden Jahre vornimmt.

  3. Bewegt und beschäftigt hat uns im Kreiskirchenrat die Visitation, in diesem Jahr in der Kirchengemeinde Biesdorf. Unser Dank gilt dem Gemeindekirchenrat und den Mitarbeitenden, die uns freundlich und offen empfangen haben. Mit großem Engagement stellt man sich der Zukunft und überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre, dem Gemeindeleben ein neues zu Hause gegenüber der Kirche an B 1/B 5 zu geben. Der Plan, ein neues Gemeindezentrum zu bauen, hat Ängste in Biesdorf Süd und besonders hier in der Maratstraße ausgelöst, war er doch ursprünglich mit der Ankündigung verbunden, an diesen beiden Standorten die Arbeit einzustellen. Inzwischen ist man da auf einem guten Weg, in dem man diese Frage zunächst offen lässt. Ein anderes Thema während der Visitation war die Initiative einiger Biesdorfer Gemeindeglieder. Sie möchten, dass das Denkmal an der Biesdorfer Kirche, das an die Gefallenen des I. Weltkrieges erinnert, wieder so hergerichtet wird, wie es in den zwanziger Jahren erbaut worden war. Der Gemeindekirchenrat konnte sich dazu nicht verstehen und hat den Kompromiss beschlossen, es im jetzigen Zustand zu konservieren, und nicht zu modernisieren.

  4. Der Kirchenkreis unterstützt die Aktion ‚Berliner Brief‘. Dieser Brief unserer Generalsuperintendentin an alle Gemeindeglieder Berlins soll in der Passionszeit nächsten Jahres herauskommen. Untersuchungen haben ergeben, dass bei ca. 80% der Gemeindeglieder ein Austritt aus beliebigem Anlass möglich ist. Dieses Ergebnis sollte nicht unbeantwortet bleiben. Eine Reaktion ist dieser Brief, der sich also eher an die fernstehenden Gemeindeglieder richtet.
    In diesem Zusammenhang eine positive Nachricht: die Zahl der Gemeindeglieder ist von 2011 zu 2012 um 341 auf 66.370 gestiegen.

  5. Ein weiterer Punkt, der uns im Kreiskirchenrat beschäftigt hat, ist das Neujahrsfest. Da haben wir uns für ein neues Konzept entschieden. Das Neujahrsfest hat unserer Beobachtung nach seine Verankerung in den Gemeinden verloren. Es blieb unklar, wer eingeladen war und was hinsichtlich des Programms erwartet wird. Wir möchten mit einem Sommerfest auch Menschen außerhalb unserer Kirche ansprechen. Im nächsten Jahr wird dieses Sommerfest das Neujahrsfest ersetzen.

  6. Im Berichtszeitraum hat es in der Mitarbeiterschaft des Kirchenkreises folgende Veränderungen gegeben:

    • Pfarrer Biedermann, der in Kirchengemeinde Altglienicke eine halbe Stelle hatte, hat den Kirchenkreis verlassen und sich für ein Psychologiestudium entschieden;

    • in unserem Verwaltungsamt ist im Sommer Herr Strunz eingestellt worden;

    • Außerdem unterstützt der Kirchenkreis ein Projekt im Pfarrsprengel Oberspree-West. Dort hat man – mit dem Ausscheiden unserer Katechetin Frau Eberhardt – vor, die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen dadurch zu verbessern, dass man dieselben Personen für beide Bereiche einstellt, um so die Übergänge zwischen den Altersphasen besser gestalten zu können. Da damit eine Umsetzung der Katechetin in andere Gemeinden des Kirchenkreises hinfällig würde, haben wir uns dazu entschlossen, der Gemeinde die finanziellen Mittel für die dort genehmigten katechetischen Anteile zur Verfügung zu stellen und die Gemeinde Arbeitgeber sein zu lassen, und nicht den Kirchenkreis.

    • Unsere Kitafachberaterin, Frau Wilhelm, war in verschiedenen Kirchengemeinden, bzw. deren Kitas hilfreich unterwegs. Ihr Stellenumfang konnte, durch die gestiegene Zahl von Kindern in unseren Einrichtungen, auf eine volle Stelle erhöht werden.

    • Und die letzte Meldung in dieser Sache: Frau Seeger, langjährige Katechetin, ist in den Ruhestand getreten.

  7. Das Evangelium braucht Menschen aber auch Räume. Wir freuen uns, dass durch das Engagement etlicher Gemeindeglieder viele Gebäude in gutem Zustand sind. Als Kirchenkreis konnten wir in diesem Jahr bisher 110.000 € Fördermittel bewilligen.
    Hier gilt unser Dank auch unserem Bauberater, Herrn Lange sowie dem Bauausschuss des Kirchenkreises.

  8. Der Kreiskirchenrat hat sich auf seiner Klausur in Wittenberg mit dem Papier unseres Bischofs: ‚Welche Kirche morgen‘ befasst. Unsere Stellungnahme findet sich auf der Webseite des Kirchenkreises (www.kklios.de). Insbesondere hat uns die Frage unserer Selbstbezeichnung beschäftigt, die in diesem Text ‚Volkskirche‘ lautet. Wir möchten wohl eine öffentlich wirksame Kirche sein. Aber weckt die Bezeichnung ‚Volkskirche’ nicht zunächst falsche Assoziationen? Wir plädieren daher als Arbeitstitel für: ‚Kirche – unterwegs mit Gott und den Menschen‘. Die Formulierung ist präziser, aber auch nicht so griffig, wie nötig. Ich ermutige die Gemeindekirchenräte sich nicht nur mit Fragen des Personals, der Finanzen und des Bauens, bzw. des Gemeindelebens in organisatorischer Hinsicht sondern auch mit geistlichen Themen zu befassen. Eine gute Möglichkeit dazu bietet die Broschüre: ‚Welche Kirche morgen’.

  9. Gemeinsam mit dem evangelischen Gymnasium in Köpenick verantwortet der Kirchenkreis das Projekt ‚Schülerbischöfe‘. Das sind Jugendliche, die, von ihren Klassen gewählt, ein gemeinsam erarbeitetes Anliegen für die Allgemeinheit in die Öffentlichkeit tragen. So werden die Schülerbischöfe von unserer Generalsuperintendentin eingeführt und treffen z.B. den Bezirksbürgermeister aus Treptow-Köpenick, Herrn Igel.

  10. Nach außen soll auch die neue Webseite: berlin-evangelisch.de wirken, die unser Kirchenkreis für die nächsten Jahre mit unterstützt.

  11. Zum Stichwort Außenwirkung gehört der Besuch zweier Bundestagskandidaten beim Kirchenkreis. Ich sehe darin erste Erfolge meines Versuches, in der Öffentlichkeit präsent zu sein, z.B. bei den Empfängen von Parteien. Wir wurden besucht von Herrn Gührs, dem SPD Kandidaten für Lichtenberg und Herrn Gysi, dem Kandidaten der Linken für Treptow-Köpenick. In den Gesprächen haben sich Unterschiede aber auch gemeinsame Schnittmengen gezeigt. Unterschiede habe ich in der Frage bemerkt, wie viel Religion gehört in die Öffentlichkeit – das kann man im Moment gerade im Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg verfolgen, wo man keine EhrenamtlerInnen mehr aus Kirchen und Religionsgemeinschaften mit der bezirklichen Ehrenamtsnadel ehren möchte. Gemeinsamkeiten gab es in der Asylpolitik. Hier hat sich kürzlich auch unser Bischof geäußert und die Abschaffung der Residenzpflicht verlangt, also der Pflicht, in einem bestimmten Landkreis wohnen zu müssen und den nur verlassen zu dürfen mit der Erlaubnis der Ausländerbehörde. Die Durchsetzung dieser Pflicht ist nicht nur mit hohem personellem und bürokratischem Aufwand verbunden, sondern sie zieht auch viel Leid nach sich.

Ich habe einen weiten Bogen gespannt: von dem, was uns im Kern bewegt, dem Evangelium und dem richtigen Umgang mit denen, die dies in besonderer Weise weitersagen, bis zu den Wirkungen, die das in der Öffentlichkeit hat. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, den Zusammenhang zu zeigen zwischen klarer Position im christlichen Glauben – die Gott überlässt den Himmel auf die Erde zu holen – und unserer Pflicht, uns auf diese Ankunft so vorzubereiten, dass etwas vom Licht des Himmels, von seinem Frieden, seiner Gerechtigkeit und Menschlichkeit, schon in unserer Zeit bemerkt und erlebt werden kann. Wenn es uns gelingt diesen Zusammenhang sichtbar werden zu lassen darin, wie andere unsere Gemeinden erleben und unser politisches Engagement, dann haben wir die Losung des heutigen Tages mit Leben erfüllt: Der HERR liebt Gerechtigkeit und Recht. 
(Psalm 33,5)

Haben Sie vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Hans-Georg Furian, Berlin den 2. September 2013

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