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Von Michael Tiedje, Schulleiter der Evangelischen Schule Köpenick

 

Walther Rathenau ist ein für viele Bereiche offener Mensch gewesen, der sich in Fragen der Wirtschaft ebenso auskannte wie im Bereich der Politik und der schönen Künste. Er gilt als “ein Repräsentant, eine Symbolfigur seiner Epoche, ihrer tiefen inneren Gegensätze, ja Unvereinbarkeiten, ihrer elementaren Aufbruchstimmung wie auch ihres tiefen Zukunftspessimismus, ihrer alle Grenzen des Bisherigen sprengenden überschäumenden Erwartungen und des gegenläufigen Gefühls vieler Zeitgenossen, vor einem Abgrund zu stehen.” (Lothar Gall, 2009)

Rathenau ist in gewisser Weise eine schillernde Persönlichkeit gewesen, die voller Widersprüche steckte. Er war ein Suchender, der zeitweise Leit- und Gegenbild seiner Generation war, die mühsam einen Weg zwischen Verharrung und Aufbruch finden musste. Der schwierige Übergang von einem monarchischen zu einem demokratischen Regierungssystem wurde von ihm analysiert, bewertet und begleitet. Seinen Einsatz für eine liberale Demokratie bezahlte Rathenau schließlich mit dem Leben, weil er durch seine Herkunft und sein Engagement zu einem Erzfeind der Rechtsextremen geworden war.

Junge Menschen sind stets auch Suchende. Sie probieren sich aus, testen unterschiedliche Wege und wollen Veränderung erleben, an der sie aktiv mitwirken können. Insofern kann eine historische Person wie Rathenau Jugendliche auch heute noch ansprechen und ihr Interesse wecken. Er kann in seinem entschiedenen Eintreten für Liberalität und demokratische Strukturen zugleich ein Vorbild sein.

An der Evangelischen Schule Köpenick wurde über mehrere Monate im Rahmen des Geschichtsunterrichts der Oberstufe und darüber hinaus am Thema „Walther Rathenau“ gearbeitet. Es war für alle Beteiligten erfreulich und bereichernd, sich mit diesem in vielerlei Hinsicht besonderen Menschen zu beschäftigen. Neue Ansätze des Denkens und das Hineinfühlen in seinen Lebensweg haben neue Horizonte eröffnet.

Als Schulleiter freue ich mich sehr darüber, dass unsere Oberstufenschüler*innen die Gelegenheit bekommen haben, Walther Rathenau genauer kennenzulernen. Die Zusammenarbeit mit Dr. Christian Schölzel war dabei ein Glücksfall für uns. Er war mit seiner kompetenten und zugleich einfühlsamen Art ein Garant für die wissenschaftliche Qualität der Ergebnisse und für einen angenehmen Verlauf des Projektes. Mein besonderer Dank gilt Superintendent Hans-Georg Furian. Er ließ nicht locker, das Projekt zu verwirklichen, hatte gute Ideen für die Finanzierung und die konkrete Umsetzung.

Die am Ende der Erarbeitungsphase entstandene Ausstellung gibt Auskunft darüber, auf welch hohem Niveau die Beschäftigung mit Walther Rathenau stattgefunden hat. Möge sie vielen Betrachtern sowohl lehrreich als auch anregend sein.

Michael Tiedje
Schulleiter, Evangelische Schule Köpenick